Presseberichte aus dem Bayerischen Wald

Politiker lehnen Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel ab

Erschienen am 31.01.2017 um 13:56 Uhr

Freie Apothekerschaft sieht mittelfristig Zusammenbruch des inhabergeführten Apothekensystems

Herxheim, im Januar 2017 - Der deutschen Apotheke wurde vom Gesetzgeber ein staatlicher Auftrag mit umfassenden Vorschriften und Auflagen (Apothekenbetriebsordnung, Sozialgesetzbuch usw.) gegeben. Dies geht einher mit einer überbordender Bürokratie. Wenn Politiker nun ein Versandhandelsverbot mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch ausländische, konzerngeführte Versandapotheken (mit Sitz in der Schweiz und in Saudi-Arabien) ablehnen, dann muss man an der Loyalität und Verlässlichkeit dieser Politiker gegenüber den Apotheken und Apothekenmitarbeitern zweifeln. Sogar mittelfristig werden dadurch immer mehr inhabergeführte Apotheken vom Markt verschwinden, befürchtet die Freie Apothekerschaft.

Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, rund um die Uhr für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung da zu sein. Alle Vorgänge zur Belieferung eines Rezeptes sind per Gesetz und vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen GKV bis ins Detail vorgegeben. „Leider fehlt den Verantwortlichen der Krankenkassen jegliches Verständnis dafür, ob zum Beispiel die von ihnen vorgegebenen Arzneimittel-Lieferverträge überhaupt eingehalten werden können. Die Apotheken bezahlen diesen Fehler der sogenannten Selbstverwaltung mit dem Verzicht auf die komplette Honorierung und auf die gänzliche Erstattung des Arzneimittels, obwohl der Versicherte durch die Apotheke mit dem korrekten Wirkstoff versorgt wurde. Das nennt man dann Retaxierung“, kritisiert Dr. Helma Gröschel, Vorsitzende der Freien Apothekerschaft.

Es stellt sich die Frage: Wie können ausländische Versandapotheken ihre niedrigen Preise bewerkstelligen? Bei etwa zehn Prozent der Verordnungen muss Rücksprache mit der Praxis gehalten werden, weil zum Beispiel die Verordnung nicht eindeutig ist, Formfehler wie eine vergessene Unterschrift gefunden wurden oder Arzneimittel nicht lieferbar sind. Meistens geht dies einher mit einer schriftlichen Änderung der Verordnung durch den Arzt. Teilweise werden Verordnungen anderer Fachärzte wegen Wechselwirkungen geändert. Diese Form der Beratung ist grenzüberschreitend schlicht nicht möglich. Angesichts der eingeschränkt möglichen Kontrolle und Beratung, die sich durch den grenzüberschreitenden Versandhandel ergibt, muss man annehmen, dass ausländische Versandapotheken im Hinblick auf Retaxierungen entweder nur bedingt oder gar nicht belangt werden können.

Den deutschen Apotheken werden durch Retaxierungen der Krankenkassen hingegen jährlich mehrere Millionen Euro vorenthalten – trotz erbrachter Versorgung des Patienten. Bei individuellen Arzneimittelanfertigungen, sogenannten Rezepturen, zum Beispiel von Haut- oder Kinderärzten, wird den Apotheken nicht einmal der Mindestlohn gewährt. Für die Abgabe und Dokumentation eines Betäubungsmittels, also eines stark wirksamen Arzneimittels auf einem besonderen Rezeptformular, entstehen der Apotheke Kosten von etwa 18 Euro. Trotz einer gesetzlich avisierten Erhöhung der Gebühren sind die Apotheken noch weit von einer Kostendeckung entfernt. Wo gibt es in Deutschland Branchen, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind und zur Erfüllung dessen noch Geld mitbringen müssen? Versandapotheken sind von dieser Belieferung an Patienten übrigens grundsätzlich ausgeschlossen.

„Wenn nun Politiker mit derart weitreichende Entscheidungen dazu beitragen, dass Aktiengesellschaften mit europarechtlich fragwürdigen Rabattangeboten und einer Konzentration unter anderem auf Arzneimittel für chronisch Kranke den deutschen Apotheken Patienten entziehen, dann sind diese Politiker ursächlich dafür verantwortlich, dass nach und nach die inhabergeführten Apotheken vom Markt verschwinden“, mahnt Gröschel.

 

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